Die Konfrontation mit dem Tod erinnert uns daran, dass unser Leben nicht vergeudet ist, wenn wir es um Christi willen einsetzen. Nur sein Tod und seine Auferstehung können uns wirklich frei machen.

In den dichten und dramatischen Tagen, in denen wir unseren Mitbruder Antonio Maffucci im Gebet begleitet haben zur entscheidenden Begegnung am Ende seines irdischen Lebens und am Beginn des neuen Lebens, das schon immer für ihn bereitet war, hatte ich Gelegenheit, seine Nichte Chiara kennenzulernen bei den täglichen Telefonaten, in denen wir uns gegenseitig über den Gesundheitszustand ihres Onkels auf dem Laufenden hielten.
Auch zu Weihnachten haben wir uns geschrieben, und in einer dieser E-Mails sagte sie: „Die letzten Monate haben mich wirklich zum Nachdenken gebracht über die Bedeutung und die Qualität der Zeit, die wir mit unseren Lieben verbringen. Man kann lange leben, ohne überhaupt zu leben, und ich denke, das ist wirklich eine Strafe. Nur eine begrenzte Zeit auf der Erde zu haben, ohne zu wissen, wann wir sterben werden, ist vielleicht das größte Geschenk überhaupt. Denn es lehrt uns, unsere Zeit nicht zu verschwenden, nicht abzuwarten, sondern jetzt zu leben.“
Diese ihre Worte haben mich sehr beeindruckt, denn sie ähnelten denen, die mir ein anderer Freund vor einigen Monaten geschickt hatte. Sie sind aus einem Text von Don Giussani: „Unsere Toten sind in der ewigen Heimat, für die der Mensch geschaffen, in die der Mensch gerufen ist. Nun sehen sie die Beziehung zwischen dieser ewigen Heimat und deren zerbrechlichem, aber realen Zeichen, nämlich der Gemeinschaft, in der sie gelebt haben. Und sie fordern uns auf, dass wir großzügig, wachsam, aufmerksam und ohne Angst vor dem Opfer in dieser vorläufigen Heimat leben, während wir auf dem Weg zur ewigen sind. Sie bitten uns inständig, dass wir mit größerer Wahrhaftigkeit das Lied singen können: Troppo perde il tempo chi ben non t’ama. („Zu viel Zeit verliert, wer dich nicht wahrhaft liebt.“) (Luigi Giussani, Beata tu che hai creduto)
Vielleicht haben wir noch nie so eindringlich wie in den letzten Monaten diesen Ruf in uns vernommen: Zu viel Zeit verliert … Noch nie haben wir wie in diesen Monaten die Stimme so vieler Freunde gehört, die uns daran erinnern: Die Zeit dieses Lebens ist etwas Heiliges und sollte nicht verschwendet werden.
Und es gibt keinen anderen Weg, unsere Zeit, unser Leben nicht zu vergeuden, als diesen: Christus zu lieben, ihn wahrhaft zu lieben, das heißt, ohne uns selbst zu schonen, ohne etwas für uns zu behalten, ohne ihn jemals im Stich zu lassen, ohne ihn zu verlassen, um anderen trügerischen Lieben nachzugehen.
Und wenn es eine Zeit des liturgischen Jahres gibt, die uns hilft zu erkennen, wie kostbar die Zeit ist, dann ist es die Fastenzeit.
Chiara fuhr in ihrer Mail fort: „Ich war schon eine Weile auf dem Weg zu mehr Wesentlichkeit, und diese jüngsten Ereignisse motivieren mich sehr, weiter (und leichter) in diese Richtung zu gehen. Ich hoffe, dass ich im nächsten Sommer auch ‚in die Mission aufbrechen‘ kann und als Erzieherin arbeiten. In der Zwischenzeit bereite ich meine Taschen und mein Herz darauf vor, indem ich alles ausleere, was mir nicht nützt.“
Das ist der tiefe Sinn unseres Lebens, der Zeit, die uns geschenkt ist, und das ist der wahre Sinn der Fastenzeit: „Entleere deine Taschen und dein Herz“ von allem, was eine Last ist, von allem, was dir nicht nützt und was deine Beziehung zu dem, der dir das Leben und die Zeit geschenkt hat, beschwert.
Das macht uns dann leicht, motiviert, gewiss, mit einem Wort: frei. Denn wir sind auf dem Weg zur wahren Befreiung, die uns nur der Tod und die Auferstehung Christi schenken können.
Die Fastenzeit ist also ein Weg der Freiheit, auf dem wir nach und nach die wahre Freude erleben dürfen, die Freude derer, die jeden Augenblick leben auf die Begegnung mit Christus hin, bei der wir aufgerufen sind, „großzügig, wachsam, aufmerksam“ zu sein und keine „Angst vor dem Opfer“ zu haben, weil wir sicher sind, dass die Auferstehung das einzige Ereignis ist, das unserem Leben und unserem Tod einen Sinn gibt.
Unser Don Antonio Maffucci schrieb einen Monat, bevor er auf die Intensivstation kam: „Was ich lebe und wie ich es lebe, reicht nicht mehr. Dies muss eine Zeit der großen Stille werden, um immer tiefer auf Gott zu hören (der mir immer inniger gegenwärtig und nahe ist mit der Kraft seiner Liebe), um immer mehr nach seinem Willen und zu seiner Ehre zu leben. Eine Zeit der großen Verwandlung. Ein Neuanfang, in tiefer Stille, ohne Geschrei, kraftvoll und diskret.“ Das ist der Sinn der Fastenzeit, der Sinn unseres Lebens.

Alles andere ist vergeudete Zeit.

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