die Bewegung Comunione e Liberazione zu einer Pilgerfahrt nach Tschenstochau ein, um der Gottesmutter den Beginn meines Studiums anzuvertrauen. Nachdem wir mehrere Tage gegangen waren, betete ich vor der Ikone der Schwarzen Madonna: „Maria, lass mich während der Studienjahre erkennen, was meine Berufung ist.“
Damals hatte ich eine Freundin und dachte bei „Berufung“ in erster Linie an die Ehe. Ich ahnte nicht, dass sich die Gottesmutter nicht an das halten würde, was ich mir vorstellte. Schon von diesem Augenblick an gab sie Antwort, indem sie dem Wort „Berufung“ einen tieferen Sinn gab: das, was der Herr für mich vorgesehen hatte. Im September desselben Jahres begann ich mein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Università Bicocca in Mailand. Zur gleichen Zeit lernte ich einige spanische Studenten von CL kennen. Aufgrund meiner Freundschaft mit ihnen beschloss ich, mein Erasmus-Semester in Madrid zu verbringen. Diese sechs Monate gehörten sicher zu den wichtigsten für meine Entwicklung als Mensch und als Christ, nicht zuletzt für meine Berufung.
Im Januar 2013, gegen Ende meiner Zeit in Madrid, lud mich eine Freundin zum Abendessen ein. An einem bestimmten Punkt fragte sie mich: „Bist du glücklich?“ Ich antwortete: „Glücklich? Weiß ich nicht. Aber ich bin zufrieden.“ Darauf fragte sie nach: „Und wann bist du wirklich glücklich?“ Ohne groß nachzudenken, antworte ich spontan: „Ich bin glücklich, wenn ich die Gegenwart Christi in meinem Leben erkenne.“ So etwas hatte ich noch nie gedacht, und ich wusste auch nicht, woher diese Idee plötzlich kam. Aber in den nächsten Tagen dachte ich immer wieder über meine Antwort nach. Und irgendwann überlegte ich: „Wenn das wahr ist, warum sollte ich ihm dann nicht mein ganzes Leben schenken?“ Sobald diese Frage auftauchte, versuchte ich sie zu verdrängen, um mich nicht damit auseinandersetzen zu müssen.
„Ich bin zufrieden.“ Sie fragte nach: „Und wann bist du wirklich glücklich?“
Inzwischen war ich nach Mailand zurückgekehrt, wo ich Don Marco kennenlernte, der damals Hochschulpfarrer in der „Bicocca“ war. Mit ihm sprach ich zum ersten Mal über die Frage meiner Berufung. Doch ich betonte immer wieder, ich wolle nicht Priester werden. Er hörte mir zu und versuchte mich zu begleiten, aber ich blieb in meinen Vorstellungen gefangen. In dem Sommer nach meinem Studienabschluss macht er einen Versuch, mich wachzurütteln: „Ich gebe dir eine Woche Zeit. Danach rufe ich im Priesterseminar von Mailand an und sage, dass du bei ihnen die Verifizierung der Berufung zum Priestertum beginnen willst.“ Meine Antwort war ein klares Nein. Ich hatte keinerlei Absicht, das zu tun. Inzwischen begann ich mein Masterstudium an der Katholischen Universität Mailand. Ich traf mich zwar weiterhin mit Don Marco, sprach aber nicht mehr mit ihm über meine Berufung.
Jenes Jahr war insgesamt sehr schwierig für mich. Aus verschiedenen Gründen, aber einer fasst sie vielleicht alle zusammen: Mir wurde immer klarer, dass ich vor dem Ruf des Herrn davonlief. Im August nahm ich, wie jedes Jahr, am Meeting in Rimini teil. Im Gespräch mit einem Freund dort beschloss ich spontan, die Fragen bezüglich meiner Berufung anzusprechen. Der fragte mich dann: „Wovor hast du eigentlich Angst?“ Da wurde mir klar, dass die einzige Antwort auf diese Frage lautete: „Es ist nicht das, was ich will.“ Wir unterhielten uns lange, und ein Satz, den er sagte, traf mich ins Herz: „Wenn der Herr uns so deutliche Zeichen gibt, können wir nichts anderes tun, als ihnen zu folgen.“ Nachdem ich nach Mailand zurückgekehrt war, ging ich zu Don Marco und sagte ihm, ich wolle den Weg der Verifizierung beginnen, den er mir vor einem Jahr vorgeschlagen hatte.
Dank der Begegnungen im Seminar von Venegono und der Exerzitien für die Studenten der Bewegung in jenem Jahr wurde mir klar, dass der Herr mich wirklich zum Priester berief. Das warf eine neue Frage auf: Sollte ich Diözesanpriester werden oder Mitglied der Priesterbruderschaft vom heiligen Karl Borromäus? Durch die Hilfe von Don Antonio Anastasio erkannte ich dann, dass der Herr mich in die Fraternità San Carlo rief. So kam ich nach einem weiteren Jahr und mehreren Gesprächen am 8. April 2017 in der Via Boccea an. In diesem Sommer werde ich nach 14 Jahren als Priester nach Tschenstochau zurückkehren, um der Schwarzen Madonna zu danken, dass sie mein Gebet erhört hat.