Drei Erfahrungen, ein einziges Geschenk

In den Straßen von Asunción öffnet die Erfahrung des Angenommen-Seins Menschen für Gott.

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Bei der Caritativa an einem Busbahnhof in Asunción.

Die erste Erfahrung, von der ich hier berichten möchte, betrifft ein winziges Baby, das im siebten Schwangerschaftsmonat zur Welt kam und dem man den Namen Milagros gegeben hat, zu Deutsch „Wunder“. Der Name ist bezeichnend, vielleicht gerade, weil das Leben dieses kleinen Mädchens von Ausgestoßen- und Verlassen-Sein geprägt war. Wir lernten sie kennen, nachdem sie und ihre Mutter, die zu einer indigenen Bevölkerungsgruppe gehört, aus dem Krankenhaus geworfen worden waren. Um zu überleben, mussten sie am Busbahnhof von Asunción betteln.

Die zweite Erfahrung betrifft eine Familie, ebenfalls indigener Herkunft, die in die Nähe unserer Pfarrei zog, um ihr Glück zu suchen. Sie sind eine große Familie: zehn Kinder, die ihre Eltern jeden Tag zur „Arbeit“ begleiten. Die besteht darin, die Autos der Leute zu parken, die zur Messe kommen. Sie alle leben von den paar Münzen, die die Leute ihnen zustecken. Die Welt der Obdachlosen ist generell von Gleichgültigkeit geprägt, aber in diesem Fall genügte ein anderer Blick, eine freundliche Geste, damit sich etwas änderte.

Die dritte Erfahrung betrifft die Casa Chiquitunga, die unser Mitbruder Pater Aldo Trento gegründet hat, um Mädchen und junge Frauen aufzunehmen, die Opfer von Missbrauch wurden. In diesem Haus versucht man, minderjährige Mädchen zu begleiten und zu schützen, von denen einige schon mit eigenen Kindern kommen. Andere sind Opfer der Gewalt, die sie erlitten haben. In der Casa Chiquitunga finden diese Mädchen einen Ort, an dem man ihnen hilft, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Wir nehmen jemanden in der Gewissheit an, dass wir alle miteinander auf eine gute Bestimmung zugehen

Diese drei Erfahrungen haben alle etwas mit Annehmen zu tun. Die erste begann mit der Caritativa, die wir jede Woche mit ein paar Leuten aus unserer Pfarrei bei den Obdachlosen der Stadt machen. Dadurch hat sich unser Blick zutiefst verändert, was auch dazu geführt hat, dass wir im zweiten Beispiel eine Beziehung zu den „Parkwächtern“ aufgebaut haben, die vor unserer Kirche stehen. Die dritte Erfahrung entstand, weil ein Priester, bewegt von der dramatischen Situation einiger Mädchen, eine Chance sah und dieses Haus gründete.

Menschen anzunehmen, einem Du gegenüberzustehen, ist die einzige Möglichkeit, wie bei uns das Bewusstsein wachsen kann, dass alles ein Geschenk ist. Und dass jeder Mensch, allein weil er existiert, eine Bestimmung zum Guten hat, genau wie wir. Wenn wir jemanden annehmen, dann weil wir uns gewiss sind, dass wir alle miteinander auf eine gute Bestimmung zugehen.

Was haben diese drei Geschichten gemeinsam? Wir haben festgestellt, dass bei Menschen, die angenommen werden, auch die Sehnsucht wächst, das Leben mit denjenigen zu teilen, die sie annehmen, indem sie zum Beispiel Caritativa machen, ein Werk ins Leben rufen oder einfach einen menschlicheren Blick auf die Wirklichkeit werfen.

Konkret hat die Mutter von Milagros um die Taufe ihrer Tochter gebeten. Und auch die drei jüngsten Kinder unseres „Parkwächters“ möchten getauft werden. Die jungen Frauen aus der Casa Chiquitunga wollen ihre Beziehung zur Kirche „in Ordnung bringen“. Und alle haben jetzt den Wunsch, zu Christus zu gehören.

So ist uns klar geworden, dass Mission darin besteht, sich lieben zu lassen, damit man lernt, andere anzunehmen. Daraus entsteht eine neue Nachsicht mit anderen und mit sich selbst: indem wir uns so betrachten, wie Jesus uns in jedem Augenblick anschaut und annimmt, und uns mit seiner Barmherzigkeit umarmt.

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